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Flexible Arbeitsmodelle als Erfolgsfaktor für die Spitex

Claudia Aufdereggen

Claudia Aufdereggen ist Geschäftsleiterin der SPITEX Regio Liestal und Betriebsökonomin für NPO und Gerontologin FH.
Die gelernte Pflegefachfrau HF mit höherer Fachausbildung ist eine stets berufstätige Mutter von zwei Söhnen.

1.   Warum ist Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben in Ihrem Betrieb wichtig?

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hat in der Spitexbranche eine lange Tradition, da die Pflege bis heute ein klassischer Frauenberuf ist. Erst in den letzten Jahren haben wir erfreulicherweise vermehrt auch Pflegefachmänner in der Spitex.

Die Mitarbeitenden haben häufig nebst ihrem Beruf weitere familiäre Verpflichtungen wie Kinderbetreuung oder die Betreuung der eigenen Eltern, darum arbeitet ein Grossteil von ihnen in Teilzeit.

Dass das so ist, hat mit den traditionellen Rollenmustern zu tun, die sich auch in unserem Betrieb widerspiegeln. Es sind anteilsmässig weniger Mitarbeitende bei uns beschäftigt, die den Haupterwerbsanteil in ihren Familien erbringen.

Es ist also ein starkes Bedürfnis unserer Mitarbeitenden, dass wir sie bei allen Anliegen betreffend Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützen.

2.   Was macht Ihr Betrieb, damit Ihre Mitarbeitenden Job und Privatleben gut vereinbaren können?

Wir tun unser Bestes als Arbeitgeberin, damit sich Job und Privatleben für unsere Mitarbeitenden gut vereinbaren lassen. Da wir unsere Dienstleistungen rund um die Uhr an sieben Tagen anbieten, haben wir viele verschiedene Arbeitszeitenmodelle.

So gibt es bei uns eine hohe Zahl an Teilzeitpensen, die auf Wunsch erhöht oder reduziert werden können, je nach Funktion und Kapazitäten. Die Möglichkeit der Fixierung von Arbeitstagen gibt es ebenfalls.

Aufgrund von Zusammenschlüssen in den letzten Jahren sind wir nicht nur als Betrieb, sondern auch mit unserem Dienstleistungsangebot gewachsen. Das Wachstum hat uns ermöglicht, in unseren Arbeitszeitmodellen flexibler zu werden und die Pflegeeinsätze  besser unter den Teams zu verteilen.

So liess sich auch die Arbeitsbelastung besser steuern. Ich glaube, das ist ein sehr wichtiger Faktor für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

„Das Wachstum der Teams hat uns ermöglicht, in unseren Arbeitszeiten flexibler zu werden und die Pflegeeinsätze unter den Teams zu verteilen. So liess sich auch die Arbeitsbelastung besser steuern.“

3.   Sind Sie auf Stolpersteine gestossen, als Sie neue Massnahmen für die Vereinbarkeit umgesetzt haben? Wie haben Sie sie gelöst?

Wir wenden sehr viel Zeit für die Planung der Einsätze und dem Erstellen der Dienstpläne auf. Wir vergleichen monatlich die effektive Stundenanzahl mit den vereinbarten Arbeitsstunden und gleichen Plus- und Minuszeit laufend aus. Der Dienstplan wird 6-8 Wochen im Voraus erstellt und Freiwünsche der Mitarbeitenden werden, wenn möglich, berücksichtigt.

Man kann nun sagen, dass das aus betriebswirtschaftlicher Sicht sehr aufwändig ist und entsprechende finanzielle und personelle Ressourcen benötigt. Wir sind jedoch überzeugt, dass wir unseren Versorgungsauftrag ohne dieses Engagement gar nicht mehr gewährleisten könnten. Es ist uns ein Anliegen, diese Agilität in der Betriebskultur zu verankern.

„Freiwünsche der Mitarbeitenden werden, wenn möglich, berücksichtigt. Wir sind überzeugt, dass wir unseren Versorgungsauftrag ohne dieses Engagement gar nicht mehr gewährleisten könnten.“

4.   Was möchten Sie als Nächstes anpacken?

Ich denke, wir sind im Vergleich zu anderen Branchen bereits auf einem guten Niveau und haben im Moment keine konkreten Projekte, was die Vereinbarkeit von Familie und Beruf betrifft. 

Besonders stolz sind wir darauf, dass wir in den letzten Jahren unsere Führungspositionen mit bestehenden Mitarbeitenden besetzen konnten. Zum Teil  sind es Mitarbeitende, die schon länger in unserem Betrieb tätig sind und nach einer intensiven Familienphase, in der die Kinder noch kleiner waren nun mehr berufliche Freiräume haben und daher nun mehr Verantwortung übernehmen können.

Wir bieten also auch Laufbahnmöglichkeiten zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf an. Wir sind in einem dynamischen Prozess und stets hellhörig, was die Bedürfnisse der Mitarbeitenden betrifft. Selbstverständlich sind wir auch an gewisse Rahmenbedingungen gebunden, die wir einhalten müssen. Wir sind bestrebt, stets gute Lösungen für beide Seiten zu finden.

„Wir bieten Laufbahnmöglichkeiten für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf an. Wir sind in einem dynamischen Prozess und stets hellhörig, was die Bedürfnisse der Mitarbeitenden betrifft.“

5.   Was bringt die gute Vereinbarkeit Ihrem Betrieb?

Vereinbarkeit ist ein wichtiger Erfolgsfaktor. Es spricht sich gerade auch bei jungen Berufsleuten herum, dass wir verschiedene Arbeitszeitmodelle anbieten und erprobt anwenden, wie Teilzeitpensen unter 50% bei Familiengründung etc. Ich darf sagen – und das belegt die Mitarbeiterbefragung, die wir im letzten Jahr durchgeführt haben – dass wir eine attraktive Arbeitsgeberin sind und wir dieses gute Resultat unbedingt halten möchten.

„Vereinbarkeit ist ein wichtiger Erfolgsfaktor. Es spricht sich herum, dass wir verschiedene Arbeitszeitenmodelle anbieten und erprobt anwenden.“

6.   Haben Sie Tipps für Unternehmen, die bei der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben noch am Anfang stehen?

Ich denke, dass man die konkreten Massnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf sehr genau auf die betrieblichen Gegebenheiten abstimmen und anhand dieser entwickeln muss, daher finde ich es recht schwierig, konkrete Tipps zu geben.

Bezugnehmend auf die zuvor erwähnten Erfolgsfaktoren bin ich jedoch überzeugt, dass man das Anliegen auf Reduktion des Arbeitspensums wegen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sehr ernst nehmen und sich flexibel zeigen sollte.

Heute ist es in vielen Unternehmen bereits möglich, das Pensum wegen der Familie auf 80% zu reduzieren, auch in Unternehmen mit einem höheren Männeranteil. Damit ist es jedoch oft nicht getan, weil es in einer bestimmten Familienphase auch einem Wunsch entspricht, dass die Partner sich abwechseln möchten, dass also ein Teil ein höheres Arbeitspensum hat als der andere Teil und sie sich in der Aufteilung der Pensen abwechseln.

Ich finde, der Arbeitgeber sollte sich auch hier flexibel zeigen und wechselnde Arbeitspensen ermöglichen. Die betreuungsintensive Familienphase umfasst oft nur ein paar Jahre. Wenn zu dieser Zeit im Unternehmen ein Angebot geschaffen wird, bindet man die Mitarbeitenden langfristig an das Unternehmen und es wird ein wichtiger Zufriedenheitsfaktor geschaffen. Ich bin überzeugt, dass sich das Engagement zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf für alle Beteiligten schlussendlich auszahlt.